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Works by Reinhard K. Sprenger

Radikal führen (2012) 23 copies

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male
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Germany

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Reinhard K. Sprenger in Bestform.

Ein gelungenes Manifest zum selbstständigen Denken und Handeln.

“Es gibt unendlich viele öffentliche Instanzen, die die gelernte Hilflosigkeit der Menschen ausbeutet, um sich unersetzlich zu machen. Je hilfloser die Menschen, desto mehr können Politiker verteilen und regulieren.”

"In der Abenddämmerung der Sozialdemokratie hat dagegen Rousseau noch einmal gesiegt. Sie haben nicht die Produktionsmittel, sondern die Therapie verstaatlicht. Dass der Mensch von Natur aus gut sei, diese merkwürdige Idee hat in der Sozialarbeit ihr letztes Reservat. Pastorale Motive gehen dabei eine seltsame Mischung ein mit angejahrten Milieu- und Sozialisationstheorien und mit einer entkernten Version der Psychoanalyse. Solche Vormünder nehmen in ihrer grenzenlosen Gutmütigkeit den Verirrten jede Verantwortung für ihr Handeln ab.“ („Aussichten auf den Bürgerkrieg“, 1994, S. 37)

Der demokratische Sklave wird aus den Fängen einer überwölbten Bürokratie, öffentlich-lobhudelnder Medien und korrupter Politiker entlassen und muss wieder selbstständig handeln. Der Nanny- und Angstmacherstaat kommt an seine Grenzen, sein Ende wird nicht nur Bürgerkriege auslösen.

Reinhard K. Sprenger schreibt an der Nahtstelle der Risse, die unserer Demokratie aktuell zu schaffen machen. Seine Aussagen sind für Unternehmen, Institutionen, politische Parteien, Universitäten ebenso relevant wie für Privatpersonen.

Mitarbeiter sind keine Adresse zur Pflichterfüllung moralischer Ziele (oder der Sinnstiftung, engl. Purpose), sondern selbstständige autonome Wesen, die in Freiheit leben und arbeiten wollen. "Fürsorgliches Verhalten hat immer einen Zug der Entmündigung."

Heute wird umfassend angeklagt und Angst gemacht, vorrangig geführt von Menschen, "deren Moral über die ökonomische Urteilskraft triumphiert."

Selten habe ich in einem Buch so viele Sätze unterstrichen. Reinhard K. Sprenger bietet eine höchst aufschlussreiche Textsammlung, deren Ziel es ist, persönliche Freiheit und Eigenständigkeit zu erreichen und einem überversorgenden Staat / Unternehmen entgegenzuwirken. Natürlich wird dies nicht alle erreichen, denn viele arbeiten lieber nach dieser Maxime: "Es ist auch heute noch sicher einigen Mitarbeitern rechte, unter dem Regenschirm des Vorgesetzten die behütete Sicherheit des Kindes zu genießen."

Wer klein bleiben will, wählt beschützende Parteien oder Vorgesetzte, wer aber etwas erreichen will, muss dies in Freiheit und Eigenverantwortung tun. Für ihn ist dieses Buch geschrieben, er / sie wird nicht im distanzlosen Du weitermachen, sondern respektvollen Abstand halten zu allen, um sich in den Tsunamis der Konflikte flexibel und eigeninitiativ zu bewähren. Dabei gelten wenig Regeln und die Tatsache eines immer schnelleren Wandels fordert alle täglich neu heraus. "Nur der Konflikt löst von den Fesseln vergangener Erfolge."

Reinhard K. Sprenger blickt pessimistisch in die Zukunft. Er ist der Meinung, dass wir in naiver Weise unsere Freiheit verspielen. "Auch unsere Geistige."
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Clu98 | May 25, 2023 |
Wider die Totalinklusion von Hand, Herz und Hirn,
Unternehmen agieren heute dazu, als seien sie Religionen oder Erziehungsheime. Durch eine Vielzahl von Maßnahmen und Prozeduren machen Organisationen jedweder Art heute Ihre Mitarbeiter zum dauerhaft überforderten Objekt. Jeder wird innerlich aufgehübscht mit Vorgaben, Hoffnungen und Zielen. Bemäntelt mit den Attributen Menschenfreundlichkeit und Vernunft wird eine neue flexible Wellness-Kultur geschaffen, bei denen der Mitarbeiter von fürsorgenden, hilfreichen, wohlmeinenden Maßnahmen umgeben werden, um freiwillig seine Freiheit einzutauschen gegen Feedbackrunden, Zielvorgaben und Frauenquoten.

“Das Grundgesetz sagt: die Würde des Menschen ist unantastbar. Das ist falsch. Im Unternehmen wird sie täglich angetastet.“ Reinhard K. Sprenger unterscheidet in die explizite und implizite Botschaft solcher Maßnahmen. Auf der expliziten Ebene spricht man den Mitarbeiter als Unternehmer an, während auf der impliziten Ebene indirekt gesagt wird: Lass allen Eigensinn fahren, gibt deine Mündigkeit ab nd vor allem: verhalte dich konform zu den von dieser Organisation aufgestellten quasi-religiösen Regeln.

Vielen Unternehmen ist möglicherweise gar nicht klar, dass sie mit diesen Strategien auf Mitarbeiter herab-schauen. Wenn Unternehmen heute vorankommen wollen, dann müssen sie diesen Bereich analysieren und einer Lösung zuführen, die eben nicht im Individuum liegt, sondern in dem Unternehmen selbst begründet ist. Das Produkt dieses Herabschauens ist der ferngesteuerte, gläserne, unterkomplexe Mensch. Es ist ein Mensch, der sich selbst zu helfen verlernt und der die Verantwortung weitgehend abgegeben hat. Dafür erwarte man Fürsorge auf Dauer, eine Art Verwöhnen, man gibt gerne seine Daten preis, wenn im Gegenzug Sicherheit einhergeht mit Entmündigung, dann ist es nicht weiter schlimm. Man ist Teil eines größeren Ganzen, dem man seinen Eigensinn nicht mehr schuldet.

Dieses Buch entwickelt eine pragmatische Ethik, die man mit Distanz und Grenzen, mit Anstand durch Abstand umschreiben könnte. “ Wenn ein unverkünsteltes Kind durch ein Wald geht, fühlt es sich einem großen Organismus zugehörig. Es freut sich nicht an ihm, sondern in ihm. Es spaltet die Welt nicht auf in Subjekt und Objekt, es ist eins mit ihr. Es ist ähnlich verschmolzen wie einst mit der Mutter.“ Diese Ursehnsucht machen sich Unternehmen oder große Organisationen heute möglicherweise unbewusst zuNutze, indem sie Mitarbeiter zu kritiklosen Subjekten herabwürdigen. Dies ist nicht nur für die Mitarbeiter selbst, sondern vor allem für die kreative Handlungsbereitschaft von Unternehmen fatal.

Wie notwendig hätten wir heute Journalisten wie Hanns Joachim Friedrichs, der in einem Spiegel Interview einmal erklärte, er habe nach dem Krieg bei der BBC in London gelernt, Distanz zu halten. Er wolle sich eben nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentlicher Betroffenheit versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein. Dietrich Bonhoeffer schrieb 1942 in einer Programmschrift für die Kultivierung der Distanz: „Wenn wir nicht den Mut haben, wieder ein echtes Mitgefühl für menschliche Distanzen aufzurichten und darum persönlich zu kämpfen, dann kommen wir in einer Anarchie menschlicher Werte um.“

Diese Aussage von Bonhoeffer ist diesem Buch vorangestellt. Der Autor kennt keine wichtigere Aussage zu diesem Thema und beleuchtet alle damit zusammenhängende Aspekte in einem Unternehmen hervorragend, ein wirklicher Augenöffner, der Hand auf jene Probleme legt, die oft wohlmeinend versteckt trotzdem vorhanden sind. Jemanden achten heißt: Distanz wahren. Respektvolle Distanz. Das beinhaltet auch das Recht, anders zu sein, nicht normgemäß, nicht standardisiert. Wo keine Distanz besteht, wird alles unerträglich.

Das distanzlose Verschmelzen zu einem Einheitsbrei ist in Unternehmen heute eines der Kernprobleme. Das Bestehen am Markt aber kommt von Kreativität, Anderssein, Ungewöhnlichsein und Individualität her, Faktoren, die mit diesem Buch analysiert und neu ausgerichtet werden können. Man kann diese Aspekte auf den staatlichen Bereich übertragen. Die Trennung der Sphären von Staat, Recht, Wirtschaft, Religion und des Privaten ist eine, die auf Distanz und Respekt aufbaut. Distanz in diesem Sinne heißt auch, den jeweils anderen zu kennen, ihn kritisch zu hinterfragen, um seine Intoleranzen offen zu legen. Alles geschieht in offenen Auseinander-Setzungen. Es kommt eben nicht darauf an, alle Distanzen zu überwinden, sondern Wege, gangbare Wege für die Distanzen zu erarbeiten. RKS möchte in diesem Sinne nicht nur sozialistischen Staatsanbetern oder religiösen Fundamentalisten an den Kragen, sondern allen Verschmelzungsfantasien, die heute zum Beispiel in Form eines distanzlosen Multikulturalismus ihre Urstände feiern.

Wer Unternehmer im Unternehmen möchte, also selbstständig denkende Mitarbeiter, der nimmt ihnen alles weg, was sie zu Untergebenen macht. Niemand möchte nur ausführen, jeder möchte selbstständig tun. Die Kraft der Autonomie, das sagte schon Theodor W Adorno, ist auch die Kraft zum Nicht-Mit-mitmachen. Überraschende Unternehmen sind so frei, Mitarbeiter zu fördern, die ungewöhnlich denken, eigensinnig und neu. Moderne Unternehmen lassen Balllast weg, sie schaffen eine freie, offene Atmosphäre, in der Probleme auf den Tisch statt in einen Nebel der Vorschriften und philosophischen Verführungen kommen.

, 28. September 2015
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Clu98 | 1 other review | Mar 3, 2023 |
Mancher Ansatz in diesem Buch erweist sich als durchaus interessant. Mit kritischem Blick geht der Autor vor, um das bloß Moderne von dem zu trennen, was tatsächlich zählt. Doch bedauerlicherweise führt sein hehres Ziel nicht zum entsprechenden Erfolg. Einige Beispiele seien zitiert:

'Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch gute Arbeit leisten will.'

'Menschen, die Verantwortung übernehmen, ohne gefragt worden zu sein, sollte man misstrauen.'

'Antworten lügen. Weil Fragen obszön sind.'

'Gerade die Prävention, die aktive Gesundheitsförderung im Vorfeld der Krankheit, ist das Einfallstor für Gesundheitstotalitarismus.'

Sämtliche gute Argumente in diesem Buch, auch wenn sie kritisch sein mögen, werden geschwächt durch solche Positionen.
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ThomasK | 1 other review | Apr 22, 2016 |
inhaltlich sehr interessant. Leider handwerklich schlecht. siehe meine Rezension in Amazon.de
 
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mthorner | Dec 30, 2012 |

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